The Wall
Fotografien von Annet van der Voort
10.3. – 25.6.2023
90 Jahre nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten erinnert „The Wall“ an ein Projekt, vielleicht das Symbol des Nationalsozialismus überhaupt. Die Fotografin Annet van der Voort hat in jahrelanger Recherche die Reste des „Atlantikwalls“ aufgesucht und fotografiert – ein Bauwerksystem, entstanden in den Jahren 1942 bis 1944 auf einer Länge von 6000 Kilometern.
Hintergrund
Nachdem das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg große Teile Westeuropas besetzt hatte, sollte zum Schutz vor einer Invasion der Alliierten der „Atlantikwall“ gebaut werden: Eine 6000 Kilometer lange Kette von Bunkern, entstanden zwischen 1942 und 1944, errichtet von zur Arbeit gezwungenen Menschen aus ganz Europa. Diesem gigantischen Vorhaben fielen zehntausende Zwangsarbeiter:innen und KZ-Häftlingen zum Opfer. Betrachtet man die Summe der in ihrer Größe sehr unterschiedlichen Bunkerkomplexe als architektonische Einheit, dann handelt es sich um eines der größten Bausysteme der Geschichte. Über 13 Millionen Kubikmeter Beton und Stahl wurden zur Errichtung verwendet.
Ausstellung
Die Fotografien dieser Stahlbetonbauten geben einen Eindruck von der manischen Idee, ganz Europa zu einer Festung gegen die Kriegsgegner auszubauen. Gestalterisch komplexe Kriegsarchitektur, deren ursprüngliche militärische Funktion zwar längst nicht mehr vorhanden ist, die aber immer noch eine gewisse Bedrohlichkeit ausstrahlt, eingebettet in die vielfältige Küstenlandschaft Europas. Der „Wall“ blieb unvollendet, militärisch sinnlos, band und vernichtete Menschen und Material. 90 Jahre nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten erinnerte die Ausstellung „The Wall“ an dieses Desaster epischen Ausmaßes.
In einem Exkurs zeigte die Ausstellung außerdem Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung in deutschen Städten, die ebenso an den Zweiten Weltkrieg erinnern.
Museumspädagogisches Begleitprogramm
Die Ausstellung wurde begleitet von einem vielseitigen Vermittlungsprogramm, welches die Thematik rund um „The Wall“ und die inhaltlichen Bezüge zur Henrichshütte von ganz unterschiedlichen Seiten beleuchtet.
So griff eine ausstellungsbegleitende Führung die Rolle der Henrichshütte in der Rüstungsindustrie auf und erinnerte an das Schicksal der Zwangsarbeiter:innen.
Ein Workshop-Angebot in den Ferien lud dazu ein, unter dem Motto „Beton goes Art“ die Ästhetik des Materials Beton auf kreative Art kennenzulernen.
Am Europatag und am Internationalen Museumstag sollte außerdem ein ganz neues Vermittlungsformat Premiere feiern: bei einer digitalen Live-Online-Führung verließen die Teilnehmenden das Museum und überwanden Grenzen im digitalen Raum. Bei einer Live-Schaltung wurden andere europäische Länder besucht, in denen der Atlantikwall seine Spuren hinterlassen hat.
Annet van der Voort
Die Fotografin Annet van der Voort wurde in den Niederlanden geboren und studierte an der Fachhochschule Dortmund Visuelle Kommunikation. Ihre künstlerische Arbeit thematisiert die unterschiedlichen Facetten der Vergänglichkeit und der ihr oft immanenten Ästhetik.
So zeigte auch die Ausstellung „The Wall“ mit der typologischen Darstellung der Bunker eine gewisse morbide Schönheit der spröden Betongiganten und ihrer komplexen Architektur.
Die Fotos van der Voorts werden international ausgestellt und publiziert.
Katalog
Annet van der Voort. The Wall, englisch. Hardcover, Format: 30 × 20 cm, 256 Seiten, 152 Farbabbildungen, Berlin 2019. ISBN 978-3-95476-276-7. 48 Euro